Wussten Sie eigentlich, dass es für Museen, Archive und Bibliotheken keine explizite Brandschutzvorschrift gibt?
Dipl.-Ing. (FH) Marco Schmöller • 20. Juli 2021

In Deutschland ist der Brandschutz von Gebäuden nicht bundeseinheitlich geregelt. Vielmehr basieren die entsprechenden Vorgaben auf dem Bauordnungsrecht der Länder, das vor allem zwischen Standard- und Sonderbauten unterscheidet. Während für Standardbauten konkrete Maßnahmen und Forderungen definiert sind, können die Vorgaben für Sonderbauten variabel sein und je nach Schutzziel höhere oder niedrigere Forderungen beschreiben. Zu dieser Gruppe zählen z.B. Hochhäuser, Hotels oder Verkaufs- und Versammlungsstätten. Dagegen gibt es für Museen, Archive und Bibliotheken keine besonderen Regelungen oder Vorschriften aus bauordnungsrechtlicher und damit brandschutztechnischer Sicht.


Brandschutz ist Mindestschutz

Brandschutz ist Bauordnungsrecht und damit primär Personen- und Nachbarschaftsschutz. Entsprechend bieten die Mindestvorgaben nur bedingt Schutz für mobile oder immobile Kulturgüter. Während der formelle Teil des Bauordnungsrechts vorgibt, welche Inhalte ein Brandschutzkonzept aufweisen soll (Aussagebreite), ist das Forderungs- und Handlungsspektrum der konkret zu treffenden Maßnahmen hinsichtlich der Aussagetiefe nahezu unbegrenzt, d.h. man ist dem Brandschutzplaner förmlich „ausgeliefert“. Das Fehlen bauordnungsrechtlich-materieller Handlungsleitlinien für den Brandschutz ist ambivalent: Während einige Planer sich über weniger Bürokratie und freies, an konkreten Schutzzielen orientiertes Planen und Bauen freuen, fühlen sich andere verunsichert und vom Gesetzgeber allein gelassen und „hangeln“ sich dann doch lieber 1:1 anhand der formalen Bauordnungsvorgaben für Standardbauten durch den Planungsprozess.


Und was ist nun mit den Kulturbetrieben?

Eine Brandschutzvorschrift für Museen gibt es nicht. Auch die Versammlungsstättenverordnung (VStättV), die vor allem für Theater u. ä. Einrichtungen gilt, schließt dem Grunde nach die Bewertung von Museen im Anwendungsbereich explizit aus. Wenn jedoch bestimmte Bereiche eines Museums planmäßig, also bauordnungsrechtlich bestimmungsgemäß dem gleichzeitigen Aufenthalt von mehr als 200 Personen dienen (z.B. Vortragsräume oder Foyers für Vernissagen), so gelangt man wieder ganz schnell „in die Fänge“ der VStättV. Zumindest aus brandschutztechnischer Sicht ist die Sorge vor der Anwendung dieser Verordnung jedoch unbegründet:

  • Was ist so schlimm an mindestens zwei voneinander unabhängigen baulichen Fluchtwegen mit 1,20 m lichter Breite, die sowieso zu planen sind, weil Museen nicht durch die Feuerwehr zur Personenrettung angeleitert werden?
  • Was spricht gegen Rauchableitungsöffnungen, die für den Einsatz der Feuerwehr verpflichtend sind?
  • Was ist so schlimm an der Forderung nach einer brandmeldetechnischen Überwachung, die sich inzwischen quasi als Standard in Museumsbauten etabliert hat?


Und selbst wenn man punktuell nicht konform zur VStättV gehen kann, besteht immer die Möglichkeit einer fachlich begründeten Abweichung bzw. Erleichterung.



Auf den Einzelfall kommt es an

Brandschutz sollte stets individuell, objektkonkret und schutzzielorientiert als ganzheitlicher Ansatz gedacht und realisiert werden. Um im oben beschriebenen Sinne frei nach der Maßgabe „Hauptsache sicher“ verfahren zu können, bedarf es natürlich auch eines entsprechenden fachlichen Gegenübers auf der Genehmigungsseite. Hier ist der vernünftige Umgang mit den Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Auslegung für vom Standardfall abweichende Objekte wünschenswert und notwendig. Je zeitiger ein Brandschutzfachplaner an dem Gesamtplanungsprozess beteiligt ist und je eher der Nutzer seine konkreten Nutzungsspezifika erläutert, desto detaillierter, variantenreicher und sicherer kann eine zukunftsfähige und nachhaltig sinnhafte Brandschutzplanung sein. Egal ob es ein Gesetz hierfür gibt oder nicht.


Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe Mai 2013

von Dipl.-Ing. (FH) Marco Schmöller 29. November 2021
Jede Arbeitsstätte und daher auch Museen, Archive und Bibliotheken müssen mit Blick auf den Brandschutz geeignete technische Einrichtungen und Geräte vorhalten, um die Entstehung von Bränden zu verhindern bzw. ihre Ausbreitung einzudämmen. Der Feuerlöscher gehört dazu. Hocheffektiv, aber vielfach unterschätzt. In Deutschland wird der Brandschutz in den Bauordnungen der Bundesländer geregelt. Dabei wird im Rahmen der Vorbeugung nach baulichen, organisatorischen und anlagentechnischen Maßnahmen unterschieden. Zu Letzteren zählen nicht nur so komplexe Systeme wie Brandmeldeanlagen (BMA), Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA), Feststellanlagen für Brand- und Rauchschutztüren und selbsttätige Feuerlöschanlagen (z.B. Sprinkler- oder Gaslöschanlagen), sondern auch der `simple´, manuell zu bedienende Feuerlöscher. Dabei handelt es sich um ein tragbares, max. 20 Kilogramm schweres Gerät, das der Löschung von Klein- und Entstehungsbränden dient. Während Feuerlöschanlagen einen Brand oftmals nur eindämmen, können Feuerlöscher im wahren Sinne des Wortes ein Feuer vollständig löschen – vorausgesetzt, der Brandherd wird schnell entdeckt und die Löschmaßnahme wird zügig und richtig durchgeführt. Die Brandklasse entscheidet über den Löscher. Um Klein- und Entstehungsbrände wirksam löschen zu können, müssen die Geräte rasch auffindbar und jederzeit einsatzbereit sein (Überprüfungspflicht!). Darüber hinaus sollte der Nutzer mit der Handhabung des Gerätes vertraut sein und wissen, welches Löschmittel für welche Art von Brand (sog. Brandklasse) das geeignete ist. Auskunft dazu und zu anderen Belangen geben fünf Schriftfelder auf den Geräten. Die Brandklassen, für die ein Löscher geeignet ist, sind auf jedem Gerät mit Buchstaben (A, B, C, D und F) und Piktogrammen angegeben. Aufgrund der üblichen Brandlasten in Kulturbetrieben ist besonders an Feststoffbrände der Kategorie „A“ zu denken (z.B. organische Stoffe). Befinden sich jedoch z.B. Restaurierungswerkstätten im Gebäude, können auch die Kategorien B oder C (flüssige bzw. gasförmige Stoffe) relevant sein. Je nach Einsatzort der Feuerlöscher sind mögliche Sekundärschäden zu bedenken. Für Archive, Bibliotheken und Museen wird dringend davon abgeraten, ABC-Pulverlöscher zu verwenden. Diese sind löschtechnisch hoch effektiv, aber aufgrund der staubigen und chemischen Substanzen für Kunst- und Kulturgut nicht brauchbar. Ähnliches gilt für die chemischen Auswirkungen von CO2-Löschern. Mit Blick auf den Schutz der Kulturgüter sind Wasser- oder Schaumlöscher besser geeignet. Wie viele Geräte sind vorzuhalten und wo? Neben den Bauordnungen gibt u.a. die „Technische Regel für Arbeitsstätten“ (ASR A2.2) Auskunft über Maßnahmen gegen Brände. Während Kap. 4 über die „Eignung von Feuerlöschern und Löschmitteln“ informiert (z.B. Brandklassen und Löschmitteleinheiten) und Kap. 6 sich mit dem „Betrieb“ befasst (u.a. regelmäßige Wartung und Prüfung sowie Brandschutzhelfer), ist die „Ausstattung von Arbeitsstätten“ Gegenstand von Kap. 5. Unter Punkt 5.2 heißt es: „Der Arbeitgeber hat Feuerlöscheinrichtungen nach Art und Umfang der Brandgefährdung und der Größe des zu schützenden Bereiches in ausreichender Anzahl (…) bereitzustellen.“ Eine konkrete Bedarfsermittlung kann z.B. im Rahmen einer sog. Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Zu deren Parametern zählen u.a. die Grundfläche des Gebäudes, die Einstufung der Brandgefährdung und die sog. Löschmitteleinheiten (LE), die jedoch keine quantitativen, sondern qualitative Größen beschreiben. Mit Blick auf die „Grundanforderungen zur Bereitstellung von Feuerlöscheinrichtungen“ haben Arbeitgeber sicherzustellen, dass in Arbeitsstätten: „Feuerlöscher gut sichtbar und leicht erreichbar angebracht sind, (…) die Entfernung von jeder Stelle zum nächstgelegenen Feuerlöscher möglichst nicht mehr als 20 m (tatsächliche Laufweglänge) beträgt, um einen schnellen Zugriff zu gewährleisten, (…) die Standorte von Feuerlöschern durch das Brandschutzzeichen F001 „Feuerlöscher“ entsprechend ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ gekennzeichnet sind. In Deutschland werden die Entwicklung, Fertigung, Überprüfung und Zulassung von Feuerlöschern übrigens ausschließlich von der MPA Dresden GmbH im sächsischen Freiberg begleitet bzw. durchgeführt. Auch wenn es hierzulande (noch) kein eigenes Feuerlöscher-Museum gibt, so findet sich der unübersehbare und unentbehrliche Helfer dennoch in vielen Sammlungen, deren kleinere und größere Bestände eine mehr als 100-jährige technische Entwicklung dokumentieren. Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe Mai 2016
von Dipl.-Ing. (FH) Marco Schmöller 29. November 2021
Museen, Archive und Bibliotheken sind recht häufig von Bränden betroffen. Allein im Jahr 2015 hat es in mindestens 19 kulturellen bzw. historischen Liegenschaften gebrannt, darunter einige Feuer mit verheerenden und sogar tödlichen Folgen. Um das Ausbrechen von Bränden zu verhindern, ist der sog. organisatorische Brandschutz von ganz besonderer Bedeutung. Brandverhütung ist das Ziel Unter »vorbeugendem Brandschutz« (auch Brandverhütung) fasst man alle Maßnahmen, die ergriffen werden, um der Entstehung und Ausbreitung eines Brandes durch Feuer oder Rauch vorzubeugen. Abzugrenzen davon ist der sog. »abwehrende Brandschutz«, der die Belange der Feuerwehr beim Löschen oder Eindämmen eines Brandes betrifft. Während beim vorbeugenden Brandschutz nahezu durchgängig bau- oder anlagentechnische Maßnahmen im Zentrum des Interesses stehen, werden betrieblich-organisatorische Vorkehrungen nicht selten als nachrangig betrachtet – obwohl gerade durch sie das Entstehen von Bränden besonders effektiv verhindert werden kann. Vorbeugender Brandschutz wird in drei wesentliche Bereiche untergliedert: Baulicher oder bautechnischer Brandschutz (passiver Brandschutz) Anlagentechnischer Brandschutz (aktiver Brandschutz) Betrieblich-organisatorischer Brandschutz („interaktiver Brandschutz“) Bauliche Maßnahmen – hierunter fasst man z.B. Wände, Decken, Brandabschnitte, Brandschutztüren oder Fluchtwege – werden hierzulande in verschiedenen DIN bzw. DIN EN geregelt. Als passive Maßnahmen kann ihre Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden, aber ein Brandereignis verhindern kann der bautechnische Brandschutz nicht. Dies gilt auch für den anlagentechnischen Brandschutz, der alle technischen Anlagen und Einrichtungen umfasst, die z.B. der Detektion, der Auslösung eines Alarms und der Bekämpfung eines Brandes dienen bzw. seine Ausbreitung eindämmen oder behindern. Dazu gehören etwa Brandmeldeanlagen (BMA), Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA), Feststellanlagen für Brand- und Rauchschutztüren und selbsttätige Feuerlöschanlagen wie Sprinkler- oder Gaslöschanlagen. Nutzung bestimmt den Brandschutz Bau- oder anlagentechnische Maßnahmen sind bauordnungsrechtlich zwingend vorgeschrieben, können aber die Entstehung eines Brandes nicht verhindern. Dieses Ziel kann nur durch den betrieblich-organisatorischen Brandschutz erreicht werden, dessen zentrale Leitgedanken die konkrete Nutzung von Gebäuden sowie die daraus resultierenden Nutzungsspezifika sind. Davon ausgehend lassen Betreiber und / oder Nutzer von Gebäuden ein spezifisches Brandschutzkonzept erstellen, das Brandrisiken analysiert und wirksame Gegenmaßnahmen definiert. Es umfasst neben den o.g. Maßnahmen u.a. auch die Erstellung einer Brandschutzordnung (DIN 14096), das Anbringen von Flucht- und Rettungsplänen (DIN ISO 23601) und – sofern erforderlich – die Erstellung eines Feuerwehrplanes (DIN 14095). Diese `klassischen´ Mittel dokumentieren nicht nur die konkreten Maßnahmen, sondern sie geben den Nutzern, vor allem aber den meist ortsfremden Rettungskräften der Feuerwehr während des Einsatzes eine unersetzliche und mitunter lebenswichtige Orientierung im Gebäude. Um jedoch den Ausbruch und die Ausbreitung eines Feuers tatsächlich zu verhindern, muss eine Brandschutzordnung täglich „gelebt“ werden. Das beginnt bei der strikten Einhaltung relativ einfacher Maßnahmen: Das Verbot des Rauchens und offenen Feuers, das dauerhafte Freihalten von Flucht- und Rettungswegen sowie die stete Funktionstüchtigkeit brandschützender Bauteile wie Türen, Feststellanlagen usw. Gefährdungsbeurteilungen werden wichtiger Bislang wurden Vorgaben aus dem Arbeitsstättenrecht bzw. aus berufsgenossenschaftlichen Regelungen (DGUV) und neuerdings auch aus der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) weniger dazu genutzt, vorbeugende Brandschutzmaßnahmen abzuleiten. Zukünftig wird es jedoch immer mehr die Aufgabe von Betreibern und Nutzern sein, anhand konkreter Gefährdungsbeurteilungen auch das Brandentstehungsrisiko zu bewerten. Denn erst die durchgängige Analyse von Gefährdungen und die hieraus ableitbaren Gegenmaßnahmen bereits im Vorfeld der Entstehung eines Brandes sind effektives Mittel, um das Thema Brandschutz nachhaltig und zukunftsfähig zu halten, d.h. es bleibt bei dem altbekannten Motto: „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“. Welche konkreten Maßnahmen könnten im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes in Bezug auf die betrieblich-organisatorischen Maßnahmen im Fokus stehen? Beispielhaft seien erwähnt: ständiges Rauchverbot sowie Verbot offener Zündquellen dauerhaftes Freihalten von Flucht- und Rettungswegen in Verbindung mit deren Kennzeichnung regelmäßige Schulungen von Betriebsangehörigen im Rahmen der Brandschutzordnung; dazu zählt auch die Ausbildung zur Benutzung von Handfeuerlöschern nach ASR A 2.2 regelmäßige Prüfung elektrotechnischer Geräte nach berufsgenossenschaftlichem Regelwerk, um Zündquellen zu vermeiden; dazu zählt auch die Prüfung festinstallierter Elektroanlagen innerhalb des Gebäudes regelmäßige Wartungszyklen von Technik, die durchgängig gefahrauslösend sein kann Gefährdungsbeurteilung und Analyse von konkreten Handlungen bzw. Tätigkeiten innerhalb von Gebäuden; mit Blick auf Kulturbetriebe ist im Besonderen an mögliche Brandlasten in Depots zu denken sowie an den Umgang mit Lösemitteln u.a. Chemikalien, z.B. in Restaurierungswerkstätten Es ist davon auszugehen, dass es zukünftig nicht mehr ausreichen wird, im Rahmen der Genehmigungsphase ein Brandschutzkonzept zu erstellen und durch Fachleute ausführen zu lassen. Vielmehr wird es für Nutzer und Betreiber darum gehen, das Brandschutzkonzept dauerhaft „mit Leben“ zu füllen, d.h. die vereinbarten Maßnahmen zum vorbeugenden betrieblich-organisatorischen Brandschutz kontinuierlich im Blick zu haben und konsequent umzusetzen. Die Vorschriften zum Brandschutz sind kein Selbstzweck. Sie dienen vorrangig dazu, Leben zu sichern und zu retten – sowohl das der Gebäudenutzer, als auch der Einsatzkräfte der Feuerwehr. Bau- und anlagentechnische Vorkehrungen unterstützen den aktiven und passiven Brandschutz, aber sie können das achtsame und umsichtige Verhalten der Nutzer und Betreiber nicht ersetzen. Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe Februar 201