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Barrierefreiheit vs. Brandschutz? Standards regeln den Zugang – was ist mit der Evakuierung?
Dipl.-Ing. (FH) Marco Schmöller • Nov. 29, 2021

Inklusion und Barrierefreiheit in öffentlichen Einrichtungen ist immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen – von der Planung, über die Genehmigung bis zur Nutzung. Davon betroffen sind auch Museen, Bibliotheken und Archive. Für den Brandschutz ergibt sich hinsichtlich der Evakuierung im Bedarfsfall eine besondere Perspektive auf das vielschichtige Thema, das nicht auf Menschen im Rollstuhl reduziert werden darf. Dazu einige Anmerkungen.


Barrieren bei der Evakuierung (Auswahl)

Die gesellschaftlich geforderte Zugänglichkeit öffentlicher Gebäude und aller ihrer Teile bzw. Geschosse ist u.a. in den Landesbauordnungen festgelegt und wird für den funktionalen Nutzungsfall in aller Regel ohne besondere Probleme umgesetzt. Dennoch kann es an neuralgischen Stellen zu praktischen Konflikten zwischen den technisch-baulichen Vorschriften und der konkreten Situation vor Ort kommen.


Rauchschutztüren

Das sind Türen, die im Brandfall automatisch schließen, um zu verhindern, dass sich Rauchgase durch das Gebäude weiterverbreiten. Für körperlich eingeschränkte Personen kann diese sinnvolle brandschutztechnische Einrichtung ein absolutes Hemmnis darstellen. Um dennoch entkommen zu können, müssen Evakuierungskonzepte geeignete Schnittstellen resp. Fluchtwege berücksichtigen.


Treppenhäuser

Das Bauordnungsrecht fordert zwei voneinander unabhängige Fluchtwege. In öffentlichen Gebäuden sind das meist Treppen, die in zwei unabhängigen Brandabschnitten untergebracht sein müssen. Ausnahmen – etwa in Gebäuden mit Bestandsschutz – bedürfen besonderer bauordnungsrechtlicher Genehmigung. Treppen bzw. Stufen und Barrierefreiheit sind jedoch meist ein Widerspruch, d.h. für Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte kann das eigenständige Verlassen schwierig oder unmöglich sein. Auch das Tragen anderer Personen birgt Risiken: Helfer können sich körperlich übernehmen oder gemeinsam mit dem Eingeschränkten stürzen. Auch können räumliche Engpässe anderen Personen eine zügige und sichere Flucht erschweren.

Aufzüge Im Brandfall dürfen vorhandene Aufzüge nicht benutzt werden. Ausnahmen bilden nur eigens dafür ausgerichtete Brandschutz- bzw. Feuerwehraufzüge, die ein sicheres Verlassen des Gebäudes ermöglichen.


Alternative Lösungen (Auswahl)

Bereits im Planungsprozess sollten ergänzende Szenarien entwickelt und in der Umsetzung berücksichtigt werden. Dazu können Verhaltensvorschriften oder speziell eingerichtete Schutzräume gehören. Empfohlene Ansprechpartner sind die Feuerwehr oder die zuständige Brandschutzbehörde.


Anweisungen für das Betriebspersonal

Mitarbeiter kultureller Einrichtungen, z.B. Service- und Aufsichtskräfte, sollten informiert und geschult sein, alle Personen, die Unterstützung benötigen, kompetent und umsichtig betreuen und begleiten zu können. Dazu gehören geeignete betrieblich-organisatorische Anweisungen und regelmäßige Übungen für den Evakuierungsfall.


Wartezonen

An geeigneten Stellen auf den Fluchtwegen (z.B. an Übergängen zu benachbarten Brandabschnitten) können besonders markierte Bereiche eingerichtet werden, in denen sich Menschen mit Einschränkung sammeln, um mit Unterstützung ortskundiger Personen evakuiert zu werden.


Schutzräume

Das sind brandschutz- und lüftungstechnisch abgetrennte Bereiche innerhalb eines Gebäudes oder Geschosses, in denen Personen auf Hilfe durch die Feuerwehr warten müssen. In der Realität werden diese Bereiche jedoch allzu gern als Abstellräume missbraucht. Darüber hinaus ist der Aufenthalt in diesen Räumen im Katastrophenfall für viele Menschen eine psychologische Belastung.


Aufzüge

Abgesehen von der o.g. Ausnahme ist in Deutschland derzeit eine gesetzeskonforme Evakuierung von Personen über Aufzüge nicht möglich. Das war nicht immer so. Bis 2007 ermöglichte in Berlin die Verordnung über Rettungswege für Behinderte (BeRettVO) in Sonderbauten und unter bestimmten technischen Voraussetzungen den Einsatz von Aufzügen. Die Verordnung, die zumindest aus technischer Perspektive eine plausible Lösung vorsah, ist nicht mehr in Kraft, kann jedoch aus Sicht des Verfassers für bestimmte Anwendungsfälle zur Information herangezogen werden.


Fazit

Während die barrierefreie Zugänglichkeit öffentlicher Gebäude nach standardisierten Vorschriften geregelt und zunehmend umgesetzt wird, bleibt die Frage der Evakuierung von Personen – ob mit oder ohne Beeinträchtigung – überwiegend Gegenstand individueller Vorsorge.


Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe August 2014

von Dipl.-Ing. (FH) Marco Schmöller 29 Nov., 2021
Jede Arbeitsstätte und daher auch Museen, Archive und Bibliotheken müssen mit Blick auf den Brandschutz geeignete technische Einrichtungen und Geräte vorhalten, um die Entstehung von Bränden zu verhindern bzw. ihre Ausbreitung einzudämmen. Der Feuerlöscher gehört dazu. Hocheffektiv, aber vielfach unterschätzt. In Deutschland wird der Brandschutz in den Bauordnungen der Bundesländer geregelt. Dabei wird im Rahmen der Vorbeugung nach baulichen, organisatorischen und anlagentechnischen Maßnahmen unterschieden. Zu Letzteren zählen nicht nur so komplexe Systeme wie Brandmeldeanlagen (BMA), Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA), Feststellanlagen für Brand- und Rauchschutztüren und selbsttätige Feuerlöschanlagen (z.B. Sprinkler- oder Gaslöschanlagen), sondern auch der `simple´, manuell zu bedienende Feuerlöscher. Dabei handelt es sich um ein tragbares, max. 20 Kilogramm schweres Gerät, das der Löschung von Klein- und Entstehungsbränden dient. Während Feuerlöschanlagen einen Brand oftmals nur eindämmen, können Feuerlöscher im wahren Sinne des Wortes ein Feuer vollständig löschen – vorausgesetzt, der Brandherd wird schnell entdeckt und die Löschmaßnahme wird zügig und richtig durchgeführt. Die Brandklasse entscheidet über den Löscher. Um Klein- und Entstehungsbrände wirksam löschen zu können, müssen die Geräte rasch auffindbar und jederzeit einsatzbereit sein (Überprüfungspflicht!). Darüber hinaus sollte der Nutzer mit der Handhabung des Gerätes vertraut sein und wissen, welches Löschmittel für welche Art von Brand (sog. Brandklasse) das geeignete ist. Auskunft dazu und zu anderen Belangen geben fünf Schriftfelder auf den Geräten. Die Brandklassen, für die ein Löscher geeignet ist, sind auf jedem Gerät mit Buchstaben (A, B, C, D und F) und Piktogrammen angegeben. Aufgrund der üblichen Brandlasten in Kulturbetrieben ist besonders an Feststoffbrände der Kategorie „A“ zu denken (z.B. organische Stoffe). Befinden sich jedoch z.B. Restaurierungswerkstätten im Gebäude, können auch die Kategorien B oder C (flüssige bzw. gasförmige Stoffe) relevant sein. Je nach Einsatzort der Feuerlöscher sind mögliche Sekundärschäden zu bedenken. Für Archive, Bibliotheken und Museen wird dringend davon abgeraten, ABC-Pulverlöscher zu verwenden. Diese sind löschtechnisch hoch effektiv, aber aufgrund der staubigen und chemischen Substanzen für Kunst- und Kulturgut nicht brauchbar. Ähnliches gilt für die chemischen Auswirkungen von CO2-Löschern. Mit Blick auf den Schutz der Kulturgüter sind Wasser- oder Schaumlöscher besser geeignet. Wie viele Geräte sind vorzuhalten und wo? Neben den Bauordnungen gibt u.a. die „Technische Regel für Arbeitsstätten“ (ASR A2.2) Auskunft über Maßnahmen gegen Brände. Während Kap. 4 über die „Eignung von Feuerlöschern und Löschmitteln“ informiert (z.B. Brandklassen und Löschmitteleinheiten) und Kap. 6 sich mit dem „Betrieb“ befasst (u.a. regelmäßige Wartung und Prüfung sowie Brandschutzhelfer), ist die „Ausstattung von Arbeitsstätten“ Gegenstand von Kap. 5. Unter Punkt 5.2 heißt es: „Der Arbeitgeber hat Feuerlöscheinrichtungen nach Art und Umfang der Brandgefährdung und der Größe des zu schützenden Bereiches in ausreichender Anzahl (…) bereitzustellen.“ Eine konkrete Bedarfsermittlung kann z.B. im Rahmen einer sog. Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Zu deren Parametern zählen u.a. die Grundfläche des Gebäudes, die Einstufung der Brandgefährdung und die sog. Löschmitteleinheiten (LE), die jedoch keine quantitativen, sondern qualitative Größen beschreiben. Mit Blick auf die „Grundanforderungen zur Bereitstellung von Feuerlöscheinrichtungen“ haben Arbeitgeber sicherzustellen, dass in Arbeitsstätten: „Feuerlöscher gut sichtbar und leicht erreichbar angebracht sind, (…) die Entfernung von jeder Stelle zum nächstgelegenen Feuerlöscher möglichst nicht mehr als 20 m (tatsächliche Laufweglänge) beträgt, um einen schnellen Zugriff zu gewährleisten, (…) die Standorte von Feuerlöschern durch das Brandschutzzeichen F001 „Feuerlöscher“ entsprechend ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ gekennzeichnet sind. In Deutschland werden die Entwicklung, Fertigung, Überprüfung und Zulassung von Feuerlöschern übrigens ausschließlich von der MPA Dresden GmbH im sächsischen Freiberg begleitet bzw. durchgeführt. Auch wenn es hierzulande (noch) kein eigenes Feuerlöscher-Museum gibt, so findet sich der unübersehbare und unentbehrliche Helfer dennoch in vielen Sammlungen, deren kleinere und größere Bestände eine mehr als 100-jährige technische Entwicklung dokumentieren. Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe Mai 2016
von Dipl.-Ing. (FH) Marco Schmöller 29 Nov., 2021
Museen, Archive und Bibliotheken sind recht häufig von Bränden betroffen. Allein im Jahr 2015 hat es in mindestens 19 kulturellen bzw. historischen Liegenschaften gebrannt, darunter einige Feuer mit verheerenden und sogar tödlichen Folgen. Um das Ausbrechen von Bränden zu verhindern, ist der sog. organisatorische Brandschutz von ganz besonderer Bedeutung. Brandverhütung ist das Ziel Unter »vorbeugendem Brandschutz« (auch Brandverhütung) fasst man alle Maßnahmen, die ergriffen werden, um der Entstehung und Ausbreitung eines Brandes durch Feuer oder Rauch vorzubeugen. Abzugrenzen davon ist der sog. »abwehrende Brandschutz«, der die Belange der Feuerwehr beim Löschen oder Eindämmen eines Brandes betrifft. Während beim vorbeugenden Brandschutz nahezu durchgängig bau- oder anlagentechnische Maßnahmen im Zentrum des Interesses stehen, werden betrieblich-organisatorische Vorkehrungen nicht selten als nachrangig betrachtet – obwohl gerade durch sie das Entstehen von Bränden besonders effektiv verhindert werden kann. Vorbeugender Brandschutz wird in drei wesentliche Bereiche untergliedert: Baulicher oder bautechnischer Brandschutz (passiver Brandschutz) Anlagentechnischer Brandschutz (aktiver Brandschutz) Betrieblich-organisatorischer Brandschutz („interaktiver Brandschutz“) Bauliche Maßnahmen – hierunter fasst man z.B. Wände, Decken, Brandabschnitte, Brandschutztüren oder Fluchtwege – werden hierzulande in verschiedenen DIN bzw. DIN EN geregelt. Als passive Maßnahmen kann ihre Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden, aber ein Brandereignis verhindern kann der bautechnische Brandschutz nicht. Dies gilt auch für den anlagentechnischen Brandschutz, der alle technischen Anlagen und Einrichtungen umfasst, die z.B. der Detektion, der Auslösung eines Alarms und der Bekämpfung eines Brandes dienen bzw. seine Ausbreitung eindämmen oder behindern. Dazu gehören etwa Brandmeldeanlagen (BMA), Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA), Feststellanlagen für Brand- und Rauchschutztüren und selbsttätige Feuerlöschanlagen wie Sprinkler- oder Gaslöschanlagen. Nutzung bestimmt den Brandschutz Bau- oder anlagentechnische Maßnahmen sind bauordnungsrechtlich zwingend vorgeschrieben, können aber die Entstehung eines Brandes nicht verhindern. Dieses Ziel kann nur durch den betrieblich-organisatorischen Brandschutz erreicht werden, dessen zentrale Leitgedanken die konkrete Nutzung von Gebäuden sowie die daraus resultierenden Nutzungsspezifika sind. Davon ausgehend lassen Betreiber und / oder Nutzer von Gebäuden ein spezifisches Brandschutzkonzept erstellen, das Brandrisiken analysiert und wirksame Gegenmaßnahmen definiert. Es umfasst neben den o.g. Maßnahmen u.a. auch die Erstellung einer Brandschutzordnung (DIN 14096), das Anbringen von Flucht- und Rettungsplänen (DIN ISO 23601) und – sofern erforderlich – die Erstellung eines Feuerwehrplanes (DIN 14095). Diese `klassischen´ Mittel dokumentieren nicht nur die konkreten Maßnahmen, sondern sie geben den Nutzern, vor allem aber den meist ortsfremden Rettungskräften der Feuerwehr während des Einsatzes eine unersetzliche und mitunter lebenswichtige Orientierung im Gebäude. Um jedoch den Ausbruch und die Ausbreitung eines Feuers tatsächlich zu verhindern, muss eine Brandschutzordnung täglich „gelebt“ werden. Das beginnt bei der strikten Einhaltung relativ einfacher Maßnahmen: Das Verbot des Rauchens und offenen Feuers, das dauerhafte Freihalten von Flucht- und Rettungswegen sowie die stete Funktionstüchtigkeit brandschützender Bauteile wie Türen, Feststellanlagen usw. Gefährdungsbeurteilungen werden wichtiger Bislang wurden Vorgaben aus dem Arbeitsstättenrecht bzw. aus berufsgenossenschaftlichen Regelungen (DGUV) und neuerdings auch aus der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) weniger dazu genutzt, vorbeugende Brandschutzmaßnahmen abzuleiten. Zukünftig wird es jedoch immer mehr die Aufgabe von Betreibern und Nutzern sein, anhand konkreter Gefährdungsbeurteilungen auch das Brandentstehungsrisiko zu bewerten. Denn erst die durchgängige Analyse von Gefährdungen und die hieraus ableitbaren Gegenmaßnahmen bereits im Vorfeld der Entstehung eines Brandes sind effektives Mittel, um das Thema Brandschutz nachhaltig und zukunftsfähig zu halten, d.h. es bleibt bei dem altbekannten Motto: „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“. Welche konkreten Maßnahmen könnten im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes in Bezug auf die betrieblich-organisatorischen Maßnahmen im Fokus stehen? Beispielhaft seien erwähnt: ständiges Rauchverbot sowie Verbot offener Zündquellen dauerhaftes Freihalten von Flucht- und Rettungswegen in Verbindung mit deren Kennzeichnung regelmäßige Schulungen von Betriebsangehörigen im Rahmen der Brandschutzordnung; dazu zählt auch die Ausbildung zur Benutzung von Handfeuerlöschern nach ASR A 2.2 regelmäßige Prüfung elektrotechnischer Geräte nach berufsgenossenschaftlichem Regelwerk, um Zündquellen zu vermeiden; dazu zählt auch die Prüfung festinstallierter Elektroanlagen innerhalb des Gebäudes regelmäßige Wartungszyklen von Technik, die durchgängig gefahrauslösend sein kann Gefährdungsbeurteilung und Analyse von konkreten Handlungen bzw. Tätigkeiten innerhalb von Gebäuden; mit Blick auf Kulturbetriebe ist im Besonderen an mögliche Brandlasten in Depots zu denken sowie an den Umgang mit Lösemitteln u.a. Chemikalien, z.B. in Restaurierungswerkstätten Es ist davon auszugehen, dass es zukünftig nicht mehr ausreichen wird, im Rahmen der Genehmigungsphase ein Brandschutzkonzept zu erstellen und durch Fachleute ausführen zu lassen. Vielmehr wird es für Nutzer und Betreiber darum gehen, das Brandschutzkonzept dauerhaft „mit Leben“ zu füllen, d.h. die vereinbarten Maßnahmen zum vorbeugenden betrieblich-organisatorischen Brandschutz kontinuierlich im Blick zu haben und konsequent umzusetzen. Die Vorschriften zum Brandschutz sind kein Selbstzweck. Sie dienen vorrangig dazu, Leben zu sichern und zu retten – sowohl das der Gebäudenutzer, als auch der Einsatzkräfte der Feuerwehr. Bau- und anlagentechnische Vorkehrungen unterstützen den aktiven und passiven Brandschutz, aber sie können das achtsame und umsichtige Verhalten der Nutzer und Betreiber nicht ersetzen. Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe Februar 201
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