Der Brandschutz begleitet unsere Gesellschaft und insbesondere das Bauwesen nicht erst seit spektakulären Brandereignissen und Unglücksfällen. Das sehr komplexe Thema ist nicht nur aus verschiedenen Blickrichtungen, sondern auch als zeitliche Prozessabfolge zu betrachten.
Brandvermeidung sollte oberste Priorität haben
Brandschutzkonzepte haben eine Doppelnatur: Als Handlungsleitlinie für Planung und Ausführung sind sie einerseits notwendiger Bestandteil der Bauantragsunterlagen. Da die Brandschutzkonzepte nach der baulich-technischen Umsetzung weiterhin gültig bleiben, müssen sie andererseits während Nutzung und Betrieb der Gebäude beachtet werden. Deshalb beinhalten Brandschutzkonzepte neben baulich passiven Vorgaben (z.B. Feuerwiderstand, Brennbarkeit von Baustoffen) und anlagentechnisch aktiven Vorgaben (z.B. Brandmeldesysteme) Vorgaben zum betrieblich-organisatorischen Brandschutz für die spätere Nutzung.
Wie gut ein Brandschutzkonzept tatsächlich funktioniert, zeigt sich ausschließlich im hoffentlich nie eintretenden Fall eines realen Brandes. Daher muss bei Nutzung und Betrieb von Gebäuden und insbesondere auch von Ausstellungshäusern, Museen usw. die Brandvermeidung bzw. die Verhinderung einer Brandentstehung an oberster Stelle stehen.
Demnach ist die Umsetzung eines genehmigten Brandschutzkonzeptes während der Nutzung in der Regel viel entscheidender als die eher formale Abarbeitung der Vorgaben eines Brandschutzkonzeptes während der Bauphase. Nicht die massiv sichtbare Brandschutzmaßnahme ist ein Indiz für guten Brandschutz, sondern vielmehr das Zusammenwirken bau- und anlagentechnischer sowie betrieblich-organisatorischer Maßnahmen. Eine mangelfreie und konzeptkonforme bauliche Umsetzung des Brandschutzkonzeptes sollte dabei genauso selbstverständlich sein, wie das korrekte Verhalten der Nutzer.
Leider „erkennt“ der Verfasser bei Vor-Ort-Begehungen Brandschutztüren regelmäßig am Holzkeil unter der Tür. Diese bewusste Außerkraftsetzung eines Teiles des Brandschutzkonzepts kann jedoch fatale Folgen haben. Das unter Nutzungsaspekten wünschenswerte Offenstehen von Türen kann mit zugelassenen und funktionswirksamen Lösungen realisiert werden, so dass ein Keil grundsätzlich verzichtbar ist. Bereits dieses Beispiel zeigt, dass ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Brandschutzkonzept ohne konkrete Nutzungsbeschreibung eher schwierig zu erstellen ist.
Brandschutz versus Ästhetik?
Moderne Brandschutzkonzepte umfassen mehr als nur die sichtbaren Maßnahmen. So ist z.B. das Anbringen bzw. Aufstellen von Fluchtwegpiktogrammen, von Flucht- und Rettungsplänen sowie von Feuerlöschern grundsätzlich Bestandteil des betrieblich-organisatorischen Brandschutzkonzeptes. Dies ist jedoch nicht zu verwechseln mit den darüber hinausgehenden „unsichtbaren“ Maßnahmen, die zur Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Grundsätze und Schutzziele notwendig sind. Die sichtbaren Maßnahmen eines Brandschutzkonzeptes werden von stark ästhetisch geprägten Architekten nicht gern gesehen. Jedoch lassen sich mit ingenieurtechnischem Verstand auch optisch „verträgliche“ Lösungen realisieren.
Hier eine Auswahl möglicher Ansatzpunkte, wobei berücksichtigt werden muss, dass alternative ggf. von Standardlösungen abweichende Maßnahmen immer im Gesamtzusammenhang eines Brandschutzkonzeptes zu sehen sind. Außerdem ist eine vorherige Abstimmung zwischen den Projektbeteiligten, insbesondere mit den genehmigenden Instanzen, notwendig.
Feuerlöscher: Das sichtbare Anbringen von Feuerlöschern innerhalb von Ausstellungsbereichen ist optisch nicht sehr attraktiv. Zum einen gibt es aber Feuerlöscher, die nicht die typische signalrote Farbe aufweisen, und andererseits besteht die Möglichkeit, Feuerlöscher verdeckt anzubringen. Bei einer nicht-sichtbaren Lösung ist eine entsprechende Kennzeichnung notwendig. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nicht direkt zugreifbare Brandschutzmaßnahmen immer eine gewisse Zeitverzögerung nach sich ziehen.
Fluchtwegpiktogramme: Die typischen Schilder mit grünem Hintergrund und weißen Symbolen sind international standardisiert und beruhen auf Erfahrungen aus mehreren Jahrzehnten. Jedoch sind insbesondere in historischen Gebäuden Sonderlösungen möglich. Hier haben sich transparente Glasscheiben mit grünen Piktogrammen bewährt. Diese Lösung, die von gültigen technischen Regeln abweicht, nicht jedoch von Bauordnungsgesetzen, muss mit allen Beteiligten unter den Aspekten Schutzziel bzw. Erkennbarkeit von Fluchtwegen und Ausgängen diskutiert bzw. kommuniziert werden.
Fluchtwege: Wenn aus einem Raum mehrere Ausgänge zu unmittelbar gesicherten Fluchtwegen führen (z.B. notwendige Flure, Treppenräume oder Ausgänge ins Freie), ist es vorstellbar, auf eine Anordnung von Fluchtwegpiktogrammen zu verzichten.
Türen: Oftmals ist es in historischen Objekten notwendig, historische Türabschlüsse im Bestand zu erhalten, die jedoch unter normalen Aspekten keine brandschutztechnische Qualifizierung aufweisen und auch nicht durch entsprechende Ertüchtigungen derartige Qualitäten auch nur annähernd erreichen können. Unter Berücksichtigung eines Brandschutzkonzeptes ist es möglich und zulässig, die Funktionen zu splitten, so dass es im normalen funktionalen Betrieb ermöglicht werden kann, die historischen Türen sichtbar zu belassen und die notwendigen Brandschutzqualitäten in unmittelbarer räumlicher Nähe dieser Bestandstüren unterzubringen (z.B. als Nischentüren, die mit einer Feststellanlage offen gehalten werden und erst im Brandfall schließen, oder als Schiebetore o.ä. Lösungen).
Die genannten und weitere Möglichkeiten können im Zuge einer vorzeitigen Brandschutzplanung realisiert werden. Zu Beginn einer Planung sollte die konkrete Nutzungsspezifik bekannt sein, um daraus eine entsprechende ganzheitliche Brandschutzkonzeption zu erarbeiten.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe August 2013

