Am 15./16. April 2019 wütete ein verheerender Brand in der Weltkulturerbestätte Notre Dame in Paris. Die konkrete Ursache lässt sich wohl nicht genau bestimmen, jedoch haben zu diesem Zeitpunkt Bauarbeiten am Gebäude stattgefunden. Dass Brände bei Bauarbeiten zu großem Schadenausmaß führen, wurde in der Vergangenheit auch in Deutschland traurige Gewissheit (u.a. Flughafenbrand Düsseldorf 1996, Brand der Deutschen Oper Berlin 2005, Anna-Amalia-Bibliothek 2004 usw.).
Was passierte danach – wie ist der aktuelle Stand?
Nach dem Ereignis in Paris wurden in Deutschland nahezu alle großen Kultureinrichtungen und insbesondere die Kirchenbauämter und Stiftungen, die auch Dome und Schlösser betreuen, durch die jeweiligen Landesbehörden aufgefordert, ihre Sicherheitskonzepte für ihre Gebäude zu prüfen und darzulegen. Zum Teil gibt bzw. gab es bereits Sicherheits- und Brandschutzkonzepte (z.B. aufgrund früherer oder aktueller Baumaßnahmen), zum Teil wurden solche Konzepte dann entwickelt bzw. dauert die Arbeit daran bis heute an.
Dass Brandschutz und bei historischen Gebäuden auch der damit einhergehende Kulturgutschutz eine wichtige Aufgabe ist, ist seit Jahren in Deutschland bekannt und gelebte Praxis. Nicht zuletzt trug auch das dramatische Hochwasser 2002 (u.a. in Dresden) dazu bei, dass es – auch für den Brandfall – Schutzkonzepte und auch Notfallverbünde gibt. Ebenso bemerkenswert ist die Initiative „SILK – Sicherheitsleitfaden Kulturgut der Konferenz nationaler Kultureinrichtungen“. Anhand einer im Wesentlichen online gestützten Checkliste sind für vielerlei Gefährdungsszenarien – insbesondere auch für kleinere Einrichtungen – Möglichkeiten geschaffen, zunächst anhand der Bestandsaufnahme Defizite und Mängel zu erkennen und dann anhand eines „Stufenplans“ die weiteren erforderlichen Schritte zu organisieren.
Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass dem Grunde nach die brandschutztechnischen Belange in einem Großteil der relevanten Objekte bereits berücksichtigt sind. Natürlich kann auch das beste Brandschutzkonzept einen Brand nicht verhindern, jedoch können die durch den Gesetzgeber vorgegebenen Schutzziele wie Personenschutz, Einsatzmöglichkeit der Feuerwehr, Standsicherheit, Brandfrüherkennung usw. erreicht werden.
Was ist zu tun?
Die besonderen Schwierigkeiten bei Gebäuden, die von der Substanz her der Kathedrale von Notre Dame ähneln, sind:
- oftmals für die Feuerwehr schwer zugängliche Standorte in Innenstädten oder auf Berganhöhen
- teilweise kaum vorhandene Infrastruktur zur Versorgung mit Löschwasser
- teilweise überhohe Dachstühle, die für Einsatzkräfte der Feuerwehr schwer erreichbar sind.
Im Rahmen dieses Beitrages kann nicht jede konkrete Einzelmaßnahme für jedes Gebäude benannt werden. Jedoch sollte dringend überprüft werden, welche der nachfolgend genannten grundlegenden Randbedingungen für den Einsatz der Feuerwehr bereits erfüllt sind bzw. zu welchen Belangen noch Abstimmungen und Maßnahmen erforderlich sind:
- Abstimmungen und Begehungen mit den örtlichen Brandschutzbehörden (dies sind Brandschutzdienststellen der Kommune und/oder Landkreise sowie die lokale Feuerwehr) hinsichtlich des Feuerwehreinsatzes
- Klärung der Anfahrtbedingungen für die Feuerwehr sowie deren Aufstell- und Bewegungsflächen (u.a. Parkraumklärung)
- Klärung der konkreten Löschwasserbedingungen (lokale Wasserversorgungsunternehmen)
- Klärung der Zugangsbedingungen für Einsatzkräfte der Feuerwehr (Schließsystem, Zugänglichkeiten zum Dachraum usw.)
- Fluchtweg- und Evakuierungskonzept für Personen
- Ggf. Notfallkonzept zur Sicherung / Evakuierung von (losen) Kulturgütern
- Klärung der Alarmorganisation innerhalb (Brandmeldeanlage, Alarmierungsanlage usw.) und außerhalb des Gebäudes (Aufschaltungen zu Wachdiensten, Feuerwehr, interne Mitarbeiter) sowie der Alarm-Meldeketten
- Besonders wichtig: Brandlasten aus (schwer zugänglichen) Dachräumen entfernen
- Prüfen der Blitzschutzanlagen und ggf. Erneuerung / Sanierung
- Prüfen der elektrotechnischen Anlagen und ggf. Erneuerung / Sanierung (möglichst Schlüsselschalter zum Stromlosschalten von elektrischen Anlagen – insbesondere im Dachraum)
- Klären, ob ein Brandschutzkonzept für das Gebäude erstellt wurde und ggf. zu aktualisieren ist oder ob ein solches zu erstellen ist.
Kann ein Brand wie in Paris verhindert werden?
Die klare Antwort ist (leider) NEIN. Mit jeder Nutzung (interne Gefahrenquellen), aber selbst ohne Nutzung (externe Gefahrenquellen), kann in Gebäuden immer ein Brand entstehen. Bei besonderen Gefahrenlagen wie Baustellen sind zusätzliche Maßnahmen zur Brandverhütung zwingend erforderlich. Zur Planung von Brandschutzkonzepten insbesondere für historische, denkmalgeschützte Gebäude bereitet die Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege (WTA) e.V. eine Reihe von Merkblättern vor. Konkret hat das 2019 gegründete Referat Brandschutz (Ref. 11) das Grundlagenpapier „Brandschutz im
Bestand und bei Baudenkmalen WTA I“ erarbeitet. Das Merkblatt 11-1 liegt als Weißdruck vor und weitere Unter-Merkblätter werden gerade intensiv erarbeitet.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Kulturbetrieb (www.kulturbetrieb-magazin.de) Ausgabe Mai 2020

